Wenn am 2. Mai 2015 in der wunderschönen Salzwedeler Marienkirche mit den Klängen von Antonin Dvoraks Sinfonie "Aus der neuen Welt", gespielt von der großartigen Janacek Philharmonie Ostrava, die Altmark Festspiele eröffnet werden, so ist uns im 25. Jahr nach der deutschen Einheit erlaubt, Erinnerung und Ausblick zu verbinden, weit über das Persönliche hinausgehend, kulturell und historisch. Während der Zeit der deutschen Teilung unmittelbar am Todesstreifen gelegen, ist Salzwedel heute zu einer Perle der Altmark geworden, zum Lebensstreifen voller kultureller Kraft und Innovation. In nur wenigen Jahren sind in der Altmark Initiativen entstanden, die im ganzen Lande mit Bewunderung zur Kenntnis genommen werden. In einer einzigartigen Symbiose zwischen Bewahrung jahrhundertealter Traditionen und der Schaffung neuer inzwischen preisgekrönter Ideen und Projekte, ist es der Initiative von Herrn Hasso von Blücher zu danken, das das von ihm liebevoll wiederhergerichtete Gut Zichtau als Brennpunkt dieser Initiativen bekannt geworden ist. Den Organisatoren des jüngsten dieser "Ideenkinder", den Altmark Festspielen, ist in nur wenigen Monaten etwas gelungen, was den Vergleich mit internationalen Projekten dieser Art nicht zu scheuen braucht. Vor dem Hintergrund unserer Geschichte bleibt es bewegend, was im letzten Vierteljahrhundert in unserem Land geschaffen wurde und damit die Grundlage für ein kulturvolles Miteinander legt. Deshalb habe ich sehr gerne die Schirmherrschaft über die Altmark Festspiele übernommen. In ihrem generationsübergreifendem Konzept zwischen Tradition und Moderne, zwischen Regionalität und Internationalität liegt eine große Chance: ein einmaliges kulturelles Angebot an besonderen Orten der gesamten Region, die für uns Deutsche aufgrund ihrer Geschichte einmalige Entdeckungsreisen bietet, für die Altmärker und ihre Gäste aus aller Welt. Wenn von Gästen die Rede ist, so gilt das in besonderer Weise auch für mich. Ich war unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrieges zuerst als amerikanischer und dann englischer Kriegsgefangener in besonderer Weise Gast der Altmark – für zwei Monate – unvergesslich im besten Sinne des Wortes - nicht wegen der Umstände, aber wegen der Menschen!
Hans-Dietrich Genscher, Bundesaußenminister a.D.
März 2015